Sonntag, 26. Juli 2015

Lola sucht

Mirna Funk erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die zwischen den Identitäten steckt.
Lolas Großeltern haben Dachau überlebt. Ihr Vater trägt in sich die jüdischen Wurzeln und verschwindet, als sie noch ein Kind ist, nach Australien. Ihre Mutter hingegen ist Deutsche und lässt sie ebenfalls für ein gesichertes Leben mit ihrem neuen Lebensgefährten zurück. Lola wächst bei den jüdischen Großeltern in Berlin auf.
Durch den immer lauter werdenden Antisemitismus der Hauptstadt stößt Lola gegen ihre Identitäten. Sie flieht 2014 nach Tel Aviv zu ihrem mittlerweile emigrierten Großvater und ihrem Geliebten Shlomo. Im Sommer desselben Jahres herrscht Krieg in Tel Aviv und für Lola beginnt eine Zeit des Aufbegehrens und der Selbstfindung.

"Lola nahm einen schwarzen Kajalstift aus ihrem Lederbeutel, beugte sich über das Waschbecken, so dass sie sich besser im Spiegel sehen konnte, setzte ihn über ihrer Oberlippe an und malte den Bereich ihres Philtrums vollständig aus. Dabei entstand ein anderthalb Zentimeter hohes und ein Zentimeter breites schwarzes Rechteck, das aufgrund der Glitzerpartikel im Kajalstift leicht schimmerte. Sie wusch sich die Hände, trocknete sie mit grauen, rauen Papiertüchern ab und ging zurück zum Gerichtssaal."

Mitreißend, diese laute, unberechenbare, manchmal widersprüchliche Stimme - aufrüttelnd, eine Protagonistin, die kämpft und rebelliert - und traurig, dass Autorin Mirna Funk die Realitäten eines antisemitischen Berlins von 2014/15 schildert.
Absolut lesenswert!


Winternähe

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015

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