Samstag, 29. August 2015

Mittwoch, 26. August 2015

Americanah oder was bedeutet die Hautfarbe schwarz?

Chimamanda Ngozi Adichie erzählt in ihrem Roman von Ifemelu und Obinze, die im Nigeria der neunziger Jahre eine Liebesbeziehung beginnen, bis Ifemelu zum Studieren in die USA geht. Sie trennen sich mit dem Versprechen in Kontakt zu bleiben und auf die gemeinsame Zukunft zu warten. 
In den USA erlebt sie kultur- und hautfarbenbedingte Diskriminierung. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fasst sie Fuß, beginnt ihr Studium, hat einen Job und einen weißen reichen Freund. Sie schafft es nicht, zu Obinze den Kontakt zu halten. Ihre Loyalität bekommt Kratzer. Aus ihrer besonderen Position einer amerikanischen Afrikanerin heraus wird sie zu einer scharfen Beobachterin und auch zu einer Schwarzen der amerikanischen Gesellschaft. Sie beginnt einen Blog, der in kürzester Zeit sehr erfolgreich wird. Präzise schildert sie die schablonenhafte Welt der Amerikaner, in der Hautfarbe das Sein bestimmt. 
Obinze hingegen reist nach England, wo er sich als Illegaler versucht durchzukämpfen. Er wird abgeschoben und muss wieder zurück nach Lagos. Dort gelingt ihm nach der Militärdiktatur eine Karriere. 
Ifemelu verliert in den USA zunehmend an Halt. In ihrer neuen Beziehung zu einem politisch aktiven Afro-Amerikaner wird sie zu ihrer eigenen Beobachterin, sie fühlt sich falsch an ihrem ihr zugedachten Platz. Und so bricht sie ihr Lager ab und kehrt zurück nach Nigeria, nach Lagos und vielleicht zu Obinze. 

Ein wunderbares Buch, das sehr viel erzählt über die Kultur der USA und der von Afrika. Und es ist ein Buch, das über Heimat nachdenkt und über Liebe als Notwendigkeit. Absolut lesenswert!

Chimamanda Ngozi Adichie
Americanah

Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2015


Freitag, 14. August 2015

Kultur vs. Angst

Angst und Kultur - passt das zusammen? Wo hört Angst auf, wenn Kultur beginnt? Oder wo hört Kultur auf, wenn Angst beginnt?
Kann sich eine Kultur entfalten, wenn eine Gesellschaft von Angst beherrscht wird?
Deutschland wird zurzeit dominiert von einer Angst vor Fremden, vor Flüchtlingen, vor Schwarzen. Junge deutsche Männer in Herrscherposen, unvermummt - d.h. ohne Befürchtung vor Konsequenzen, Strafen oder öffentlicher Häme - zeigen sie sich auf Fotos im Netz und in Zeitungen. Unverhüllt ihr Hass und ihre Abneigung, Gebärden eines neu erwachten Zusammenhalts des Volkes. Über deutsche Grenzen hinweg verbünden sich die Ängstlichen, die deutsche Angst wird zu einer europäischen und die europäische zu einer deutschen.
Doch was wird aus einer Kultur, die von Angst geprägt ist? Wenn Angst den Einzelnen abschneidet, wenn sie Kreativität verwelken lässt und Bewegung erschwert, dann stirbt Kultur.

Sonntag, 9. August 2015

Schwerelose Rebellion

Andreas Maier erzählt in seinem Roman "Der Ort", welcher ein Fragment seines Romanzyklus Ortsumgehung ist, die Geschichte einer Pubertät in den frühen 80er Jahren der Bundesrepublik Deutschland.
Der 15-jährige Andy sucht in seiner heimatlichen Kleinstadt Sinn, begehrt auf, politisch und natürlich gegen die Eltern und erlebt die erste große Liebe.
  "Ich drehte meinen Kopf nicht zu ihr, sondern schaute für diesen Moment, der mir heute allerdings wie eine Ewigkeit vorkommt, in den Partyraum und auf die anderen. Eigentlich schaute ich aber auf nichts und niemanden Bestimmten, sondern einfach bloß in die Welt hinaus, wie man auf ein Meer oder in die Farben des Himmels schaut. Ich war über das, was eben geschehen war (das Anlehnen), nicht erstaunt, denn ich hatte schon andere Mädchen berührt, aber es durchströmte mich diesmal etwas, was ich nicht kannte. Alles war von mir genommen, ich hatte keinerlei Fragen, es gab keine Notwendigkeiten, etwas hatte sich plötzlich aufgelöst."
Andy läuft täglich durch das Dorf, betrachtet die Erwachsenen, wie sie ihren für ihn sinnlosen Tätigkeiten nachgehen - die auf Vorrat Unterhosen kaufende Mutter, der routiniert und in "gewaschenen, gestärkten, gebügelten/gemangelten" Unterhosen zur Arbeit fahrende Vater - er analysiert und größenwahnt pubertär. Seine Selbstfindung ist elementar.
 "Ich war dabei, ein Bild von mir selbst zu entwerfen, das erste Bild meiner eigenen Wahl."
Mit Steppenwolf, Malte und dem Zauberberg rebelliert er gegen die Familie und die Nazis der CDU-Parteimitglieder.
Andreas Maier schreibt die Geschichte eines Jugendlichen und schafft zugleich das Bild eines westlichen Deutschlands der 80er Jahre. "Der Ort" wird zunehmend kleiner für den Protagonisten und lässt mich humorvoll an meine eigene Pubertät erinnern, die nicht ohne Kollateralschaden vonstatten ging. Ich warte bereits auf den nächsten Teil der Ortsumgehung. Sehr lesenswert!


Andreas Maier
Der Ort

Suhrkamp Verlag, Berlin 2015


Drei Knöpfe für das gute Aussehen!



Ich verleihe diesem Buch



drei von drei Knöpfen für Farben, Motiv und Titel!

Stephan Wackwitz
Die Bilder meiner Mutter

S. Fischer Verlag, Frankfurt a. Main 2015

Umschlaggestaltung: Nicole Lange
Umschlagabbildung: Margot Wackwitz